PluSport baut Hürden ab

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Es sollte selbstverständlich sein, dass Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam laufen. Dafür setzen sich René Pfister und Joachim Röthlisberger von PluSport ein.

Wie hat sich der Laufsport von Menschen mit Beeinträchtigung entwickelt?

Pfister: Die Anzahl Teilnahmen von Sportlerinnen und Sportlern mit einer Beeinträchtigung haben stetig zugenommen. Das Interesse ist vorhanden und der Laufsport bekanntlich eine grundsätzlich einfach zugängliche Sportart für viele Menschen mit Behinderung. Auf der anderen Seite möchten nicht alle Laufbegeisterten an einer Laufveranstaltung teilnehmen. Grundsätzlich ist der Para Sport ein Abbild des Nichtbehindertensports. Natürlich kommen je nach Art und Schweregrad der Beeinträchtigung persönliche Bedürfnisse in Bezug auf den barrierefreien Zugang dazu.

Welche Chancen, Möglichkeiten, Vorteile erhalten Menschen mit Beeinträchtigung dank PluSport im Bereich Laufsport?

Pfister: Menschen mit einer Beeinträchtigung sollen die Wahl haben, ihre bevorzugte Sportart so zu betreiben, wie es ihnen am meisten entspricht. Sei dies separativ, integrativ oder inklusiv. Unser Laufprojekt «never walk alone» verfolgt genau dieses Ziel und schafft entsprechende Rahmenbedingungen. Zudem entwickeln wir Laufgruppen, die regelmässig den Laufsport ausüben. Auf Stufe Sportveranstaltungen unterstützen und bestärken wir die Organisatoren darin, die Laufveranstaltung interessierten Läuferinnen und Läufern mit Beeinträchtigung zugänglich zu machen. Zusätzlich ermöglichen wir PluSportlerinnen und PluSportlern dank langjährigen Partnerschaften eine kostenlose Teilnahme, ein T-Shirt für einen einheitlichen Auftritt und Bildung einer Laufgemeinschaft. Diese besteht sowohl aus Laufenden mit und ohne Behinderung und verkörpert unsere Idee der Inklusion.

Was bewirkt dieses Engagement bei Menschen mit Beeinträchtigung?

Röthlisberger: Menschen mit Behinderung sind teilweise etwas gehemmt, an Veranstaltungen teilzunehmen, die nicht explizit auf Menschen mit Behinderung ausgerichtet sind. Die proaktive Öffnung und der Support von PluSport baut diese Hürde ab. PluSport unterstützt beispielsweise bei der Organisation, der Vermittlung von Guides oder bei der Umsetzung der Barrierefreiheit.

Wie erleben Sie solche Laufveranstaltungen?

Röthlisberger: Der Teamgeist bei den Läufen ist extrem toll und motivierend. Wer einmal teilgenommen hat, ist auch bei den nächsten Events wieder mit dabei. Die Präsenz von PluSport hat auch eine sensibilisierende Wirkung bei allen Teilnehmenden und den Veranstaltern. Man begegnet sich bei der Ausübung einer Leidenschaft.

Wie viele Läuferinnen und Läufer nehmen via PluSport jedes Jahr an Volksläufen teil?

Pfister: Aktuell sind es rund 350 Personen.

Was motiviert Läuferinnen und Läufer am SwissCityMarathon teilzunehmen?

Röthlisberger: Das Erreichen eines Zieles, über sich hinauswachsen und natürlich die tolle Stimmung. Und mittlerweile auch das Gemeinschaftsgefühl. Viele der Läuferinnen und Läufer nehmen an mehreren Veranstaltungen pro Jahr teil.

Was braucht es, damit Integration und Inklusion beim Laufen im Breitensport gelingt?

Pfister: Eine gute Frage. Grundsätzlich braucht es Interesse, Offenheit und die Motivation, Bewegung und Sport allen Menschen zugänglich zu machen. PluSport ist der Meinung, dass die Voraussetzungen analog zum Regelsport unterschiedlich sind. Jede und jeder muss für sich entscheiden, wo, wie, wie oft und wie intensiv sie oder er trainieren will. Ob leistungsorientiert oder nicht, ob ein Wettkampf eine Motivation oder eher ein Hemmnis ist und ob man die Rahmenbedingungen vorfindet, die den eigenen Bedürfnissen am besten entsprechen. Für letzteres müssen die Regelsportstrukturen im Sportsystem Schweiz auch mit Unterstützung von PluSport schrittweise inklusiv angepasst werden.

Welche Formen der Unterstützung sind vor allem gefragt?

Pfister: Es geht vielmehr um das Bewusstsein, dass der Laufsport sowohl mit und ohne Beeinträchtigung eine gute Chance für Sport und Bewegung bietet. Laufen ist eine einfach zugängliche Sportart und bedarf grundsätzlich nicht viel Vorbereitung oder Infrastruktur. Je nach Behinderungsform und -grad braucht es zusätzliche Hilfsmittel. Genau hier steht PluSport den Veranstaltern und den interessierten Laufsportlerinnen und Laufsportler unterstützend zur Seite.

Und bei den Laufprojekten und -veranstaltungen?

Pfister: Hier gibt es Steigerungspotential. Aktuell ist PluSport immer noch ziemlich stark in die Organisation und Koordination diverser Laufveranstaltungen eingebunden. Um eine weitere Entwicklung zu schaffen, ist es elementar, dass Organisatoren von Veranstaltungen und Laufgruppen noch mehr Verantwortung übernehmen. Auf unserer Webseite finden Organisatoren verschiedene Empfehlungen, wie sie den Weg zur inklusiven Laufveranstaltung gehen können. Wir erachten es beispielsweis als wichtig, dass in jedem OK eine Person offiziell für das Thema Inklusion verantwortlich ist. PluSport sieht sich mittel- bis langfristig mehr in der Rolle des Begleiters. Als Kompetenzpartner können wir zwar neue Gruppen und Läufe lancieren. Unser Hauptziel jedoch ist die Befähigung der Verantwortlichen und die Initiierung und Etablierung der Selbstverständlichkeit, dass Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam Sport treiben und erleben.

plusport.ch

 

PluSport ist die Fachstelle für den Behindertensport in der Schweiz und fördert Menschen mit Behinderung vom Breiten- bis zum Spitzensport. René Pfister ist Leiter Marketing und Kommunikation bei PluSport. Joachim Röthlisberger ist ehemaliger paralympischer Skifahrer, Mitarbeiter bei PluSport und seit Jahren Teilnehmer an «never walk alone» Läufen.